12 Januar, 2008

MAX ERNST: IM GARTEN DER NYMPHE ANCOLIE

Das Museum Tinguely in Basel zeigt die erste grosse Ausstellung von Max Ernst in der Schweiz seit 1963. Der 1891 in Brühl bei Köln geborene und 1976 in Paris verstorbene autodidakte Maler, Bildhauer und Collagekünstler Max Ernst provozierte die Kunstwelt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nachhaltig.
Pétales et jardin de la nymphe Ancolie (Corso-Wandbild), 1934, Öl auf Putz.

Die Wandmalerei, welche Max Ernst im Sommer 1934 für das Dancing Mascotte im Corso-Theater am Zürcher Bellevue realisiert hat, misst immerhin 415 x 531 cm. Jahrzehntelang dienten die "Pétales et jardin de la nymphe Ancolie", fleischrote Blüten auf grünen Blättern im schwerelosen Raum, als Lust bringender Hintergrund für tanzende Paare. Wegen Beschädigungen im unteren Bildteil wurde der Hintergrund zweimal schlammgrau übermalt und das Ganze gefirnisst, bevor das üppige vegetabile Gelage entfernt und in Tafeln zerlegt dem Kunsthaus Zürich anvertraut wurde.
Nun wird das für das Schaffen von Max Ernst nicht nur wegen seinen Dimensionen zentrale Werk endlich restauriert. Die Ausstellungsbesucher werden die Metamorphose der einzelnen Bildtafeln von grau zu hellblau vor Ort in einem speziell eingerichteten Schauatelier im 1. Stock erleben können, und damit die Entstehung und Erscheinung eines verwandelten Auftritts. Die thematische Ausstellung stellt das wiedergeborene Wandbild ganz ins Zentrum.

Vater Rhein, 1953, Öl auf Leinwand, 114 x 146 cm

Mit seiner experimentellen Auslotung des Mediums der Collage und der Erfindungen neuer künstlerischer Techniken – etwa der Frottage und der Grattage – hat Max Ernst bahnbrechende Möglichkeiten eröffnet. Er wollte nicht die Wirklichkeit abbilden, sondern seine Arbeiten waren als revolutionärer Ausdruck einer anderen, neuen Lebensform gedacht, die alle bestehenden gesellschaftlichen und künstlerischen Werte in Frage stellte: "Wie mein Benehmen, so ist auch mein Werk: nicht harmonisch im Sinne der klassischen Komponisten, nicht einmal im Sinne der klassischen Revolutionäre. Aufrührerisch, ungleichmässig, widersprüchlich, ist es für die Spezialisten der Kunst, der Kultur, des Benehmens, der Logik, der Moral unannehmbar. Es hat dafür die Gabe, meine Komplizen: die Dichter, die Pataphysiker und ein paar Analphabeten zu bezaubern".