11 Februar, 2008

TAGEBÜCHER: DAS GESPIEGELTE ICH

Die einen halten es für eine pubertäre Angelegenheit oder für eine literarisch minderwertige Form. Andere nehmen sich ständig vor, eines zu führen und kommen ihrem Vorsatz doch nie nach. Wieder anderen ist es steter Begleiter, Trost, Schmollwinkel, Schmerzmittel und intimster Gesprächspartner. Vielen Autoren und Autorinnen dient das Tagebuch als Skizzenbuch, Ideenspeicher und Rohstofflager. Berühmt ist Sören Kierkegaards „Tagebuch eines Verführers“, berüchtigt sind die erotischen Tagebücher der Anais Nin, Max Frisch machte es zu einer Form öffentlichen Nachdenkens über sich selber und seine Zeit, der Schriftsteller Guido Bachmann schuf seine autobiographischen Romane 'lebenslänglich' und 'bedingt entlassen' auf Grund seiner Tagebuchaufzeichnungen.



Die Ausstellung widmet sich dem Tagebuch als dem – intimen oder öffentlichen – Ort des Dialogs mit dem eigenen Ich. Sie fächert die Spannweite der Themen auf, die einem Tagebuch anvertraut werden, von den erotischen Erlebnissen bis zu den Beobachtungen in Kriegs- und Reisetagebüchern. Sie bezieht sich nicht nur auf Texte der Weltliteratur, sondern auch auf Dokumente der privaten Alltagskultur, wie sie im Deutschen Tagebucharchiv Emmendingen gesammelt und aufbewahrt werden. Und schliesslich wirft sie einen Blick in die Zukunft des Tagebuchs, das immer häufiger in der Form von Weblogs im Internet öffentlich zugänglich gemacht wird und damit den tiefgreifenden Wandel der Subjektivität im Verlaufe der Jahrhunderte bezeugt.
Die Ausstellung der Kuratorin Sibylle Gut ist noch bis zum 7. März 2008 im Museum Strauhof in Zürich zu sehen. Oeffungszeiten: Di–Fr 12 – 18 Uhr Sa–So 10 – 18 Uhr, Mo geschlossen.