15 August, 2007

AUF DEN SPUREN VON ROBERT WALSER (TEIL 2)

In seiner Geburtsstadt Biel absolvierte der aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende Robert Walser (1878-1956) eine Banklehre. Ein Jahrzehnt lang, von 1896 bis 1905, lebte Walser in Zürich und Wädenswil (vgl. den Blog am 15. Juli 2007). 1905-1913 wohnte Walser in Berlin, wo er seine grossen Romane schrieb. 1913 kehrte Walser in die Schweiz zurück. Bis 1921 lebte er in Biel, anfangs 1921 übersiedelte er nach Bern, wo er für einige Monate eine Stellung als Bibliothekar im Staatsarchiv annahm. In Bern lebte er sehr zurückgezogen und wohnte in möblierten Zimmern, die er häufig wechselte. Anfang 1929 begab sich Walser, der schon seit einiger Zeit von Angstzuständen und Halluzinationen geplagt wurde, nach einem geistigen Zusammenbruch auf Rat eines Psychiaters und auf Drängen seiner Schwester Lisa Walser in die Heilanstalt Waldau bei Bern. 1933 wurde Walser gegen seinen Willen in seinen Heimatkanton nach Herisau versetzt. Seit Juni 1933 lebte er als Psychiatriepatient in der Ausserrhodischen Heil- und Pflegeanstalt in Herisau. Wichtigste Bezugsperson und Förderer wurde Carl Seelig aus Zürich, mit dem Walser ab 1936 zahlreiche Wanderungen unternahm. Nach dem Tod des Bruders Karl (1943) und der Schwester Lisa (1944) übernahm Seelig die Vormundschaft. Ziemlich vergessen verstarb Robert Walser am Weihnachtstag 1956 bei einem einsamen Spaziergang im Schnee auf der Wachtenegg ob Herisau.
Mit dem Robert Walser-Pfad in Herisau schuf der Schriftsteller Peter Morger (1956-2002) im Jahr 1986 den ersten Schweizer Literaturweg. Der landschaftlich reizvolle, kulturhistorisch und literarisch gehaltvolle Rundweg lädt ein zur Erkundung von Lebensstationen des Schriftstellers Robert Walser und verbindet Orte der Erinnerung. Tafeln mit Zitaten begleiten den Pfad und geben vielfältige Einblicke in Walsers Werk. Eingangs Oberdorfstrasse befindet sich der aus Jurakalk geschaffene Brunnen mit einer Skulptur von Lorenz Balmer. Er entstand 1962 "zum Andenken an den Dichter Robert Walser und seinen Bruder den Maler Karl Waser". Im “Haus für ruhige Männer“ der ehemaligen kantonalen Heil- und Pflegeanstalt Herisau verbrachte Robert Walser die letzten 23 Jahre seines Lebens. Dieses Haus und weitere Klinikgebäude wurden 1908 vom Architekturbüro Rittmeyer & Furrer, Winterthur, erstellt.



















Die Strecke durch den Roserwald zur Wachtenegg und weiter zur Rüti ist Robert Walser häufig gegangen. 13 Tafeln mit Texten von Robert Walser laden zum besinnlichen Verweilen ein, dazwischen eröffnen sich wunderbare Panoramaansichten auf Herisau und den Alpstein. Beim Abstieg von der Wachtenegg zum Bauernhof starb Robert Walser in der Schneelandschaft des Weihnachtstages 1956.

Auf dem Herisauer Friedhof fand Robert Walser seine letzte Ruhestätte. Der schlichte Grabstein befindet sich mitten im Friedhof. Inschrift auf dem Grabstein: "Ich mache meinen Gang/der führt ein Stückchen weit/und heim, dann ohne Klang/und Wort bin ich beiseit."

Literatur: Carl Seelig: Wanderungen mit Robert Walser, 1957. - Franz Hohler: 52 Wanderungen, Luchterhand 2005, daraus: Wachtenegg.